Slow German

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5
from
1 reviews
This podcast has
251 episodes
Language
Publisher
Explicit
No
Date created
2021/06/24
Average duration
9 min.
Release period
33 days

Description

Deutsch für Fortgeschrittene! In kurzen Episoden spricht Annik Rubens langsam über deutsche Themen. Es gibt auch einen Premium Podcast mit Lernmaterial! In this podcast, German podcaster Annik Rubens talks slowly about topics of everyday German life, from beergardens to recycling. More information and Premium Podcast with learning materials on Slow German at https://slowgerman.com. You can read the complete transcript of each episode on this internet-site or in the ID3-Tags.

Podcast episodes

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Auswanderung aus Deutschland – SG #247
2022/04/05
In den Nachrichten hört man viel von Menschen, die nach Deutschland einwandern wollen. Aber wusstest du auch, dass jedes Jahr 180.000 Menschen Deutschland verlassen, um im Ausland zu leben? Drei Viertel von ihnen sind Akademiker.  Aber wie war das in der Vergangenheit? Ich habe die Geschichte von Franz Daniel Pastorius gefunden. Er wanderte mit einer Gruppe deutscher Siedler im Jahr 1683 nach Pennsylvania in den Vereinigten Staaten von Amerika aus. Mit 13 Familien aus Krefeld gründete er die Siedlung Germantown, die heute ein Vorort von Philadelphia ist.  In den kommenden Jahren verließen viele Deutsche ihre Heimat. Der Grund war eine große Hungersnot, später auch die Überbevölkerung der Gegend. Denn durch die Industrialisierung und Fortschritte in der Medizin starben immer weniger Kinder, die Familien waren also sehr groß. Es gab aber nicht für alle genug zu essen, die Arbeitslosigkeit war groß. Die Menschen hofften auf ein neues Leben in der Fremde.  Die USA waren das Hauptziel der deutschen Auswanderer. Manche zogen aber auch nach Brasilien, Kanada oder Argentinien. Und einige gingen in die deutschen Kolonien, das habe ich ja schon in einer anderen Slow German-Episode erzählt. In der ersten Phase bis 1865 wanderten meistens ganze Familien aus. Das heißt die Auswanderer hatten Kinder dabei. Die meisten von ihnen hatten einen Beruf erlernt und konnten im neuen Land daher gut arbeiten. In den nächsten 30 Jahren waren es dann eher einzelne Menschen, die auswanderten. Sie hatten oft keinen Beruf. Auch wenn man meinen könnte, dass das vor allem Männer waren, stimmt das nicht: auch Frauen machten sich alleine auf den Weg in die Ferne. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs kamen noch viele Industriearbeiter nach Amerika. Zwei Drittel der Auswanderer waren alleine unterwegs, fast 40% von ihnen waren Frauen. Im 20. Jahrhundert wurde es immer schwieriger, in andere Länder auszuwandern. Denn die weltweite Wirtschaftskrise sorgte dafür, dass zum Beispiel die USA die Immigration kontrollierten. Es gab neue Gesetze, damit nicht zu viele Menschen ins Land kamen.  Und dann waren da die beiden Weltkriege, vor allem der Zweite Weltkrieg mit der Judenverfolgung durch die Nazis. Viele Juden verließen Deutschland, dazu noch viele Künstler und Wissenschaftler oder Politiker. Eine halbe Million Menschen verließ Deutschland, weil sie die Gefahr zum Glück rechtzeitig erkannt hatten. Viele der Emigranten sind heute noch berühmt, Albert Einstein zum Beispiel, Marlene Dietrich, Thomas Mann oder Bertolt Brecht. Nach dem Krieg blieb Nordamerika das Land, in das die Deutschen auswandern wollten. Eine halbe Million Menschen wanderten in den 50er-Jahren dorthin aus.  Was sind die Gründe dafür, sein eigenes Land zu verlassen, um woanders ein neues Leben zu beginnen? Man spricht in diesem Zusammenhang von Push- und Pullfaktoren. Entweder man wird aus dem eigenen Land sozusagen vertrieben durch Krieg, Bedrohung oder Hunger, oder man wird von einem anderen Land angezogen, beispielsweise weil es dort mehr Land gibt, ein besseres Klima oder andere Vorteile.  Die OECD schätzt, dass 3,4 Millionen in Deutschland Geborene in einem anderen OECD-Land leben. Sie arbeiten dort, viele von ihnen als Führungskräfte, als Akademiker, Techniker oder im Bildungs- und Gesundheitswesen. Wer von Deutschen im Ausland spricht, spricht heute also eher von hochqualifizierten Arbeitskräften.  Deutschland gilt als Migrationsland. Viele Menschen ziehen weg, andere kommen neu hinzu. Zum Beispiel die Gastarbeiter, aber davon habe ich dir ja schon erzählt.  Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg247kurz.pdf
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Das Brandenburger Tor – SG #245
2022/02/11
Petra aus Holland hat mich gebeten, etwas über das Brandenburger Tor zu erzählen. Das hat mich neugierig gemacht, denn ich wusste selber nicht viel darüber. Also habe ich nachgeforscht und kann dir jetzt etwas erzählen. Zunächst einmal: das Brandenburger Tor steht in Berlin. Und zwar genauer gesagt am Pariser Platz im Berliner Bezirk Mitte. Es ist eine Sehenswürdigkeit und das Wahrzeichen Berlins - und ein Symbol der deutschen Einheit. Ich erkläre dir gleich, warum das so ist. Aber erstmal ein wenig Geschichte. Eigentlich war das Brandenburger Tor eines von 18 Stadttoren in Berlin. Es ist das einzige, das heute noch steht. Und weil es in Richtung Brandenburg wies beziehungsweise die Straße die hindurchführte, wurde es Brandenburger Tor genannt.  König Friedrich Wilhelm II. wollte ein Tor für den prächtigen Boulevard Unter den Linden. Das ist eine sehr breite Straße mit Bäumen und imposanten Häusern. Also gab er den Auftrag, ein Tor aus Sandstein zu bauen. Dieses sollte am Ende der Straße stehen. Von 1788 bis 1791 wurde es gebaut. Es ist 62,5 Meter breit, 20,3 Meter hoch und 11 Meter tief. Der Architekt orientierte sich dabei an der Athener Akropolis. Kennst du das Brandenburger Tor? Es hat zwei hohe Säulenreihen, die von einem Dach getragen werden. (Das ist natürlich falsch! Es ist andersrum: Es hat ein Dach, das von zwei hohen Säulenreihen getragen wird. Tut mir leid!) Die Säulen stehen aber nicht alleine da, sondern sind mit Mauern verbunden. Das war statisch nötig, sonst wäre das schwere Dach eingebrochen. Es ist eines der ersten klassizistischen Bauwerke in Preußen. Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Tores setzte man noch die Quadriga auf das Tor, also einen Streitwagen, der von vier Pferden gezogen wird. Im Wagen steht die Siegesgöttin Victoria. Die Quadriga ist 6 Meter hoch. Das Gespann sollte den Frieden symbolisieren, der in die Stadt kommt. In der Hand hielt sie einen Stab mit einem eisernen Kreuz und einem Lorbeerkranz sowie mit einem preußischen Adler. Diese Skulptur war übrigens nicht immer auf dem Brandenburger Tor. 1806 schnappte sich Napoleon die Quadriga und nahm sie mit nach Paris. Acht Jahre später kam sie wieder nach Berlin zurück. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Tor stark beschädigt, die Quadriga wurde in den Jahren danach entfernt und durch eine Kopie ersetzt. Vom Original ist nur noch ein Pferdekopf erhalten, der im Museum ist. So, jetzt kommen wir zum wichtigen Teil: wie du weißt, wurde Berlin in zwei Teile geteilt. Da war der östliche Teil, der nach dem Krieg zur DDR gehörte, und der westliche Teil, der zur BRD gehörte. Die Berliner Mauer wurde 1961 gebaut. Mitten durch die Stadt. Und das Brandenburger Tor lag genau auf dieser Grenze und landete so im Sperrbereich. Niemand konnte mehr näher heran. Wenn du heute mal in Berlin unterwegs bist und zum Brandenburger Tor gehst, dann schau mal auf den Boden. Dort siehst du eine Linie aus Pflastersteinen, die hinter dem Tor verläuft. Dort stand die Mauer. Du kannst dir auch im Internet alte Fotos ansehen - für uns heute ist das kaum zu glauben, wie das Brandenburger Tor damals aussah. Die DDR-Führung ließ damals den Adler und das Kreuz entfernen. Nach der Wiedervereinigung wurde beides wieder hinzugefügt und das Tor renoviert. Am 22. Dezember 1989 feierten 100.000  Menschen die Öffnung des Tores. Deswegen gilt es als Symbol der deutschen Einheit. Sie kletterten auch hoch bis zur Quadriga und stahlen zum Beispiel das Zaumzeug. Da das Bauwerk seit dem Mauerbau kaum gepflegt worden war, musste es restauriert werden. Heute kostet es 200.000 Euro im Jahr, um das Brandenburger Tor so zu erhalten, wie es ist.  Heute steht das Tor nicht mehr so alleine da wie zu Zeiten der Mauer. Außenrum sind viele Gebäude entstanden, es sind Banken,
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Der große Zapfenstreich – SG #243
2021/12/04
Angela Merkel war 16 Jahre lang die Kanzlerin von Deutschland. Jetzt wurde sie verabschiedet. Wie immer, wenn ein Kanzler oder eine Kanzlerin verabschiedet wird, wird das mit einer besonderen Zeremonie getan. Diese Zeremonie heißt „Der große Zapfenstreich“. Darüber möchte ich dir heute etwas erzählen. Fangen wir mal mit dem Wort Zapfenstreich an. Was bedeutet das? Dieses Wort ist sehr alt. Damit wurden sozusagen die Soldaten oder Söldner abends ins Bett geschickt. Nach dem Zapfenstreich sollten sie in ihrem Quartier bleiben, also nicht mehr draußen sein. Auch heute noch wird das Wort beim Militär verwendet. Wenn ein junger Mann oder eine junge Frau bei der Bundeswehr die Grundausbildung macht, dann ist der Zapfenstreich um 23 Uhr. Als Hintergrund kann man sagen, dass die Soldaten eben schlafen gehen sollten, anstatt zum Beispiel Alkohol zu trinken. Sie sollten ja am nächsten Tag wieder fit für den Kampf sein. Der erste „Große Zapfenstreich“ als Ehre bei einem besonderen Anlass fand 1838 statt. Damals war der russische Zar Nikolaus I. zu Besuch und das Militär ehrte ihn mit der Zeremonie. Dieser „Große Zapfenstreich“ ist bis heute eine Militärzeremonie am Abend, also im Dunkeln, bei der es sowohl Musik als auch Fackeln und Soldaten in Formation zu sehen und zu hören gibt. Es ist heute die höchste Auszeichnung, die das Militär einer nicht militärischen Person geben kann. Drei Politikerposten bekommen einen großen Zapfenstreich bei ihrer Verabschiedung: Die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident und die Verteidigungsministerin. Aber natürlich bekommen auch wichtige Militärs wie Generäle eine derartige Verabschiedung. Die Zeremonie dauert ungefähr 20 Minuten und hat einen ganz genau festgelegten Ablauf.  Am 2. Dezember 2021 wurde Angela Merkel in Berlin mit dem „Großen Zapfenstreich“ aus dem Amt verabschiedet. Die Zeremonie wurde natürlich im Fernsehen übertragen. Zunächst hielt Angela Merkel eine kleine Rede, in der es um ihre Zeit als Kanzlerin ging, aber natürlich auch um die aktuelle Situation in der Pandemie. Sie hätte ihre Arbeit immer mit „Fröhlichkeit im Herzen“ erledigt, sagte sie.  Danach kam der Aufmarsch. Das bedeutet, dass die Soldaten zur Musik des „Yorckschen Marsches“ von Ludwig van Beethoven auf den Platz kamen. Die Musik kam natürlich nicht vom Band, sondern wurde vom Musikkorps der Bundeswehr und einem Spielmannszug live gespielt. Danach kamen drei Stücke, die sich Angela Merkel ausgesucht hatte: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen, einer frühen deutschen Punk-Ikone. Dann „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, das Hildegard Knef gesungen hatte. Und am Schluss ein Kirchenlied. Es ist immer interessant, welche Lieder sich die scheidenden Kanzler aussuchen. Merkels Vorgänger Gerhard Schröder beispielsweise ließ die Blaskapelle „My Way“ von Frank Sinatra spielen und „Summertime“ von George Gershwin. Bei Helmut Kohl war es 1998 die Europahymne. Wegen der Pandemie waren weniger Gäste eingeladen als sonst. Die Gäste waren natürlich vor allem hochrangige Politiker und Politikerinnen. Sie saßen mit Abstand auf einer Tribüne und mit 2G+ - waren also alle genesen oder geimpft und zusätzlich getestet. Soweit ich sehen konnte trugen zudem alle eine Maske. Es war sehr kalt und windig, aber der Zapfenstreich dauert ja nicht lange.  Nach den drei Liedern, die Angela Merkel sich ausgesucht hatte, folgten weitere festgelegte Stücke - und dann natürlich die deutsche Nationalhymne. Danach fuhr Angela Merkel mit ihrem Mann in einer schwarzen Limousine davon und winkte ein letztes Mal. Sie ist 67 Jahre alt und geht jetzt nach turbulenten 16 Jahren im Amt in den wohlverdienten Ruhestand. Ein Wort noch zum Schluss: Am großen Zapfenstreich wird oft Kritik geübt. Militärparaden,
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Die deutschen Kolonien – SG #242
2021/11/10
Was für eine komische Vorstellung: Nach Afrika fahren und dort die deutsche Sprache zu hören. Die europäischen Kulturen haben sich gerne in der ganzen Welt ausgebreitet. So auch Deutschland. Über die deutschen Kolonien spricht aber heute kaum noch jemand. Ich erzähle Dir etwas darüber. Was brauchte man, um eine Kolonie aufzubauen? Zunächst mal braucht man Schiffe, um überhaupt in die anderen Länder fahren zu können. Und natürlich politische Ziele, das eigene Land auszuweiten. Andere Länder wie England, Frankreich, Portugal und Spanien hatten beides und waren sehr erfolgreich mit ihren Kolonien. Deutschland nicht. Ein paar Versuche gab es, aber sie waren ohne Erfolg. Gut, eine einzige Kolonie schaffte es früh: 1683 wurde eine deutsche Festung in Ghana gebaut, um mit Gold und Sklaven zu handeln. Mehr passierte lange Zeit nicht. Gut, Deutschland war auch kein geeintes Land, sondern bestand aus vielen kleinen Einzelstaaten. Das war sicher ein Grund dafür. Erst 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet - dazu gibt es mehr in der Slow German-Episode 172 zu Otto von Bismarck. In der Verfassung des Deutschen Reiches gab es nun auch einen Artikel über "die Kolonisation". Also war der politische Wille jetzt da. Schiffe hatte man mittlerweile auch. Reichskanzler Otto von Bismarck war aber nicht begeistert vom Gedanken der Kolonien. Die Kosten für so eine Kolonie würden oft den Nutzen übersteigen, sagte er. Und die deutsche Marine sei noch nicht weit genug entwickelt. Statt ganze Länder zu kolonialisieren, baute Deutschland einzelne kleine Stützpunkte auf. 1868 wurde ein deutsches Marine-Krankenhaus in Japan gebaut, es gab Stützpunkte in China und Japan für die deutschen Schiffe und Marinesoldaten. Später dann auch in Afrika. Im Deutschen Reich fanden immer mehr Menschen den Gedanken von deutschen Kolonien reizvoll. Es wurden Vereine gegründet, viele Menschen wollten auswandern. Nach der Reichsgründung im Jahr 1871 wanderten pro Jahr ungefähr 200.000 Menschen aus - viele von ihnen nach Amerika. Aber immerhin einige Zehntausend zogen auch in die neuen Kolonien in Afrika. 1884 gab es dann eine aus heutiger Sicht skurrile Konferenz in Berlin: Bei der "Kongo-Konferenz" verhandelten die USA, Deutschland und das Osmanische Reich darum, welche Bereiche Afrikas sie unter sich aufteilen könnten. Viel war nicht übrig, weil andere Länder sie schon kolonialisiert hatten. Der Rest wurde dann also verteilt. Die afrikanische Bevölkerung wurde nicht nach ihrer Meinung gefragt. Und so reisten einige Kolonialherren nach Afrika und nahmen sich das Land - entweder sie kauften es für wenig Geld oder sie nahmen es sich mit Gewalt. So lief es oft ab: Privatmenschen, das waren meistens Kaufleute, gingen ins Ausland. Dort bauten sie sich etwas auf und baten dann Deutschland um Schutz. Bismarck nannte die Kolonien daher auch lieber "Schutzgebiete". Deutsch-Südwestafrika war das heutige Namibia, Deutsch-Ostafrika war im heutigen Tansania, Burundi und Ruanda. Man schickte Polizisten und Beamte in die neuen Kolonien, baute Schulen, Kirchen und Kultureinrichtungen. Auch christliche Missionare waren unterwegs, um die Menschen in Afrika vom christlichen Glauben zu überzeugen. Was gab es noch? In Afrika noch Togo und Kamerun. Im Pazifik Deutsch-Neuguinea und Deutsch-Samoa. Dort baute man Kaffee, Kakao und Kokosnüsse an. In den Kolonien gab es nunmal viele Dinge, die es in Deutschland nicht gab - für den Handel waren sie also sehr interessant. Einen Gewinn brachten die Kolonien aber dennoch nicht. Trotzdem war 1884 das deutsche Kolonialreich nach dem britischen und französischen flächenmäßig das Größte. Ein geflügeltes Wort wurde der Ausspruch des späteren Kanzlers Bernhard von Bülow. Er forderte einen "Platz an der Sonne". Es wurden nur noch kleine Bereiche in China erworben und ein paar kleine Inseln. Ich möchte hier auch nicht alle Gebiete aufzählen, denn darum geht es nicht. Wichtiger ist, was eig
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Bundestagswahl 2021 in Deutschland – SG #241
2021/09/14
Homosexualität in Deutschland – SG #240
2021/08/04
In den vergangenen Monaten wurde in Deutschland viel über Homosexualität gesprochen. Der Grund war vor allem die Fußball-Europameisterschaft. München wollte zum Beispiel sein Fußballstadion in den Regenbogenfarben beleuchten, als die deutsche Mannschaft gegen Ungarn spielte. Um ein Zeichen der Toleranz zu setzen. Es wird also Zeit, auch dieses wichtige Thema in Slow German zu besprechen. Fangen wir mal wieder bei den Nationalsozialisten an. Während der Nazi-Zeit wurde männliche Homosexualität als kriminell gehandhabt. Wer erwischt wurde, konnte vor Gericht oder gleich im Konzentrationslager landen. Bis 1945 wurden wohl 50.000 Männer verurteilt. Viele wurden in den Lagern getötet. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden homosexuelle Männer verurteilt. Denn im Strafgesetzbuch gab es den Paragrafen 175 - der bis 1969 in der Nazi-Fassung galt. Danach war schon ein Zungenkuss zwischen Männern strafbar. Und das führte natürlich auch dazu, dass es eine moralische Verurteilung gab. In der Gesellschaft galt es also als nicht normal, wenn sich zwei Männer liebten. Natürlich wurde von einigen Menschen gegen dieses Gesetz gekämpft. Lange Zeit aber ohne Erfolg. Als Grund nannte man unter anderem die Verführungstheorie. Die Menschen hatten damals also Angst, dass Jugendliche zur Homosexualität verführt werden könnten. Das bedeutet, dass sie Angst hatten, Jugendliche könnten plötzlich schwul werden. Diese Theorie wurde weiter verbreitet, obwohl sie wissenschaftlich längst widerlegt war. 1985 gab es dann eine neue Partei, sie nannte sich "Die Grünen". Diese Partei stellte zum ersten Mal den Antrag, den §175 zu streichen. Die CDU/CSU weigerte sich aber lange. Das ist auch verständlich, denn das "C" in den Namen dieser Parteien steht für "christlich". Und die Kirche hat natürlich ein Problem mit Homosexualität. Ich spreche hier erstmal für Westdeutschland, denn Du weißt ja, dass Deutschland nach dem Krieg getrennt war in die BRD im Westen und die DDR im Osten. Und die DDR war in dieser Sache fortschrittlicher als die BRD: Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen waren dort seit 1968 nicht mehr strafbar. Die Entwicklung in den folgenden Jahren ging so weit, dass Jugendliche immer besser vor sexuellen Handlungen geschützt werden sollten - egal ob homo- oder heterosexuell. Und dann kam die Wiedervereinigung. Beide Seiten mussten sich in vielen Punkten einig werden, um ein Land zu werden. Auch in Sachen Homosexualität. Was also tun? Entweder auch in der DDR wieder zurück zu Strafbarkeit - oder in der BRD lockerer werden. Zunächst mal einigte man sich gar nicht. Man diskutierte lieber. 1994 beschloss endlich der Bundestag die Streichung des Paragraphen. Nächster Schritt: Die sogenannte Homo-Ehe. Erstmal gab es so ein Mittelding, das nannte sich "Eingetragene Lebenspartnerschaft". Die gab es ab 2001. Seit 1. Oktober 2017 dürfen in Deutschland nun aber auch zwei Frauen oder zwei Männer richtig heiraten. Im Bürgerlichen Gesetzbuch steht dazu: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen". Das ist also alles noch relativ frisch - und das war jetzt auch alles nur die historische oder gesetzliche Seite. Kommen wir zu unserer Gesellschaft. Ist es "ganz normal", in Deutschland schwul oder lesbisch zu sein? Ich glaube, so weit sind wir noch nicht. Es gibt große Unterschiede, was die Region angeht. Die Städte sind in der Regel durch ihre Anonymität offener und aufgeschlossener. In vielen Städten gibt es Straßen oder Viertel, in denen sich viele Bars und Clubs angesiedelt haben, die gerne von Homosexuellen besucht werden. In diesen Gegenden ist es ganz normal, zum Beispiel Männer zu sehen, die Händchen halten. Manchmal gibt es auch spezielle Ampelmännchen, die zwei Frauen oder zwei Männer zeigen mit einem Herzchen dazwischen. Auf einem bayerischen Dorf würden sich allerdings viele Menschen nach einem homosexuellen P...
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Adele Spitzeder – Schauspielerin, Sängerin, Betrügerin – SG #239
2021/07/15
Es gibt ein Bild von Adele Spitzeder. Da ist sie sehr züchtig gekleidet, mit einem hohen Kragen und einer Brosche am Hals. Um den Hals trägt sie ein großes Kreuz, die Frisur ist akkurat gescheitelt. 1832 wurde Adele Spitzeder in Berlin geboren. Sie war Schauspielerin und Sängerin - und vor allem war sie eine großartige Betrügerin. Ich erzähle Dir heute ihre Geschichte. Ihr Leben fing prunkvoll an. Ihre Eltern waren Sänger und Schauspieler und schickten die Tochter auf teure Privatschulen. Sie wurde selbst auch Schauspielerin und trat auf verschiedenen Bühnen auf. Anstatt in einer Wohnung zu wohnen, lebte die Spitzeder in Hotels. Eine Angestellte kümmerte sich um sie. Adele hatte sechs Hunde und eine Lebensgefährtin. Das alles kostete natürlich viel Geld - und die Einnahmen aus der Schauspielerei waren nicht hoch. Sie war kein Star. Also musste Adele sich etwas ausdenken, um an mehr Geld zu kommen. Sie begann mit Geldgeschäften. Sie versprach einem Zimmermann zehn Prozent Zinsen im Monat. Das machte der Mann natürlich sofort, es war ein gutes Geschäft für ihn. Er gab Adele also 100 Gulden und bekam dafür jeden Monat 10 Gulden Zinsen. Und zwar bar auf die Hand und zwei Monate im Voraus. Das war damals alles unüblich. Der Mann erzählte anderen Leuten von diesem Geschäft und so konnte Adele immer neue Kunden begrüßen. Sie konnte ihre eigenen Schulden endlich abbezahlen. Gemeinsam mit ihrer damaligen Lebensgefährtin gründete sie eine Bank in München. Die "Spitzedersche Privatbank" wurde immer größer und erfolgreicher. Später hieß sie "Dachauer Volksbank". Adele konnte sich sogar ein eigenes großes Haus kaufen. Hinter den Kulissen herrschte das Chaos. Das Geld war in Säcken verstaut und lag zum Teil einfach so in ihrer Wohnung herum. Es gab keine ordentliche Buchführung, und aus heutiger Sicht kennen wir solche Betrügereien als Ponzi-System oder Schneeballsystem. Adele hatte sich ein kluges System ausgedacht, das sie reich machte. Sie gab Journalisten Geld, damit diese positiv über die Bank schrieben. Sie zahlte hohe Provisionen und verteilte großzügige Spenden. Sie war beliebt bei den Menschen und hatte einen guten Ruf, sie kümmerte sich sogar um die Armen. Adele Spitzeder war eine beeindruckende Erscheinung, vielleicht auch wegen ihres schauspielerischen Könnens. Die Menschen vertrauten ihr. Sie hatte zu ihrer besten Zeit 83 Angestellte. Adele Spitzeder fing auch an, mit Immobilien zu handeln. Lange ging der Betrug gut und niemand kam ihr auf die Schliche. Zwei Jahre lang konnte sie ihre Bank betreiben. Insgesamt 32.000 Menschen legten ihr Geld dort an, für umgerechnet 400 Millionen Euro. Es waren meist Handwerker oder Bauern, die selber nicht viel Geld hatten. Adele Spitzeder tat das nicht, weil sie böse war. Sie war in das Geldgeschäft hineingerutscht. Immer wieder fragte sie Anwälte, ob ihr Tun legal war. Die Anwälte sagten ja. Adele hatte also eine Grauzone entdeckt und diese für sich ausgenutzt. Sie sagte den Menschen auch immer, dass sie keine Sicherheiten bieten könne. Aber das war denen egal, sie sahen nur die hohen Gewinne. Aber wie wir wissen geht so etwas meistens nicht lange gut. Es gab Menschen, die den Schwindel erkannten. Als 60 Gläubiger sich ihr Geld gleichzeitig auszahlen lassen wollten, brach die Bank von Adele Spitzeder zusammen. Kurz darauf wurde sie wegen Betrugs verhaftet und kam ins Gefängnis. Allerdings nur gut drei Jahre lang. Viele Bürger sahen ihr Geld nie wieder, manche von ihnen begingen sogar aus Verzweiflung Selbstmord. Ganze Gemeinden hatten bei Spitzeder Geld investiert und waren nun pleite. Heute könnte so etwas nicht mehr so leicht passieren, weil es viele Aufsichtsgremien gibt. Außerdem ist es heute Pflicht, eine Buchführung vorweisen zu können. Und was geschah mit Adele Spitzeder? Nach dem Gefängnisaufenthalt ging sie ins Ausland, kehrte dann aber nach München zurück.
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Was wären wir ohne Internet? SG #238
2021/06/22
Vor einigen Wochen hatten wir knapp 24 Stunden lang kein Internet und kein Telefon. An diesem Tag haben wir als Familie gemerkt, wie abhängig wir mittlerweile von dieser Technologie sind. Du auch? Es fing mit der Unterhaltung an. Ich höre gerne und viele Podcasts - am Freitag immer einen Kinopodcast der BBC. Diesen konnte ich nicht herunterladen. Naja, das war natürlich nicht schlimm, aber ich dachte mir: Ok, dann höre ich eben Musik. Ich höre Musik mittlerweile immer über Spotify - auch das ist ein Internetdienst und war demzufolge nicht verfügbar. Kein Podcast, keine Musik. Auch kein Hörbuch von Audible, denn ich hatte keines heruntergeladen. Nichts zu hören! Selbst das Radio streamen wir heute über das Internet. CD-Player oder Schallplattenspieler haben wir nicht mehr. Nur ein DAB-Radio im Bad konnte uns helfen, kurz die Nachrichten zu hören. Mein Sohn konnte nicht Minecraft spielen, sein Tablet war nutzlos. Eine neue Episode Slow German machen oder ein neues Video für YouTube - auch nicht möglich. Am Abend wollten wir einen Film sehen, aber auch da wurde uns klar: Unsere Fernsehgewohnheiten haben sich geändert. Während wir früher einfach das sahen, was gerade im Live-Fernsehen kam, schauen wir heute nur noch über Netflix oder Amazon Prime und all diese Dienste fern. Wir schauen gezielt Filme oder Serien im Stream. Auch das war ohne Internet nicht möglich. Die Mediatheken der großen Sender waren ebenfalls lahmgelegt. Also blieb nur das Live-Fernsehen, und das war an diesem Abend langweilig. Für mich alles kein Problem, denn ich bin eine Leseratte. Mein Buch funktionierte auch ohne Strom und Internet. Das von meinem Sohn auch. Aber mein Mann surft gerne abends im Internet, er liest viel auf dem iPad - ihm war also langweilig. Der nächste Tag brachte dann noch mehr Probleme mit sich.Ich fange morgens immer an, erstmal eine halbe Stunde Yoga zu machen. Ich nutze dafür eine App, die mir die Asanas zusammenstellt. Ohne Internet konnte diese App nichts laden. Auch meine Meditations-App funktionierte natürlich nicht. Meine Arbeit ist komplett unmöglich ohne das Internet. Zum einen habe ich Konferenzen mit meinen Kolleg:innen, meistens über Microsoft Teams oder Zoom. Das war ohne Internet nicht möglich. Außerdem ist mein Job ja, dass ich als Community Managerin oder Social Media Managerin arbeite - aber Facebook, Instagram, Twitter und YouTube sind Dienste im Internet. Ich musste an diesem Tag also aufgeben und konnte nicht arbeiten, denn auch Mails erreichten mich nicht. Alleine anzurufen und meinem Chef zu sagen, dass ich kein Internet habe, war schwierig - denn normalweise rufe ich ihn über Teams an oder ich schaue in Teams nach seiner Telefonnummer. Jetzt musste ich sie anders herausfinden. Auch die Videokonferenz mit meinen Eltern konnte nicht stattfinden, der Kontakt zu Freunden und Familie in Zeiten der Pandemie war abgebrochen. Unsere Bestellung bei einem Lieferdienst für Bio-Lebensmittel war nicht möglich, denn auch die geht immer über das Internet. Ich konnte keine neuen Bücher für meinen Sohn bestellen, denn auch das mache ich bei einem sozialen Buchversand über das Internet. Keine neuen Klamotten kaufen, kein Lego, kein Geschenk für den nächsten Kindergeburtstag. Das Internet hat sich mittlerweile in so viele unserer Lebensbereiche eingeschlichen! Wir sind abhängig von Online-Banking und Online-Shopping, Online-Arbeit und Online-Homeschooling. Gut, ich gebe zu, ich habe hier etwas übertrieben. Denn natürlich habe ich sofort einen Hotspot über mein Handy eingerichtet und die wichtigsten Dinge dann über meinen mobilen Datentarif gemacht. Aber dennoch haben diese 24 Stunden uns die Augen geöffnet. Unser Leben hat sich in den vergangenen Jahren sehr geändert. Es ist normal geworden, eine gute Datenverbindung zu haben und Filme ohne Ruckeln im Stream anzusehen. Dabei ist Deutschland übrigens gar nicht so gut im Vergleich mit anderen Ländern!
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Das Schloss Neuschwanstein – SG #237
2021/06/16
Auf besonderen Wunsch von Zuzka erzähle ich Dir heute etwas über das wahrscheinlich berühmteste Gebäude in ganz Deutschland: das Schloss Neuschwanstein. Wenn Du es auf der Karte suchen möchtest, dann liegt es im Süden von Deutschland, genauer gesagt in Bayern. Noch genauer gesagt im Allgäu, bei Füssen. Es ist ein Märchenschloss, das jedes Jahr viele Touristen anlockt. Es ist übrigens gar nicht so alt, wie Du vielleicht denkst - erst im Jahr 1869 begann der Bau. Aber ich erzähle Dir lieber die ganze Geschichte. Hauptfigur in dieser Geschichte ist König Ludwig II. Ich habe schon eine Episode über ihn und seine Cousine Sissi gemacht. Er war jung und extravagant. Er liebte Richard Wagner. Und als sein Großvater starb, hatte Ludwig plötzlich eine Menge Geld zur Verfügung. Also baute er sich ein Schloss. Er wollte weg von München, er wollte in Ruhe leben und sich zurückziehen. Der Ort war schnell gefunden: In der Nähe war bereits ein anderes Schloss, das Schloss Hohenschwangau. Es diente als Sommerresidenz seiner Mutter. Er kannte die Gegend also seit seiner Kindheit. Ein Münchner Theatermaler lieferte also die Vorlage einer romantischen Ritterburg. Ein Architekt setzte die Idee dann um. Ein einfacher Chef war der König sicher nicht, denn er ließ sich alle Pläne genau vorlegen und setzte seine Ideen durch. Er hatte immer neue Wünsche, das Schloss wurde immer größer - und immer teurer. Aus dem kleinen Arbeitszimmer wurde ein großer Thronsaal. 1869 begann der Bau, hoch oben auf einem Felsen.Das Gebäude hat Türme und Giebel, Balkone, Zinnen und viele Schnörkel und Skulpturen. 200 Handwerker arbeiteten hier jeden Tag, sie verbauten 465 Tonnen Marmor, 1550 Tonnen Sandstein, 400.000 Ziegelsteine und 2050 Kubikmeter Holz. Das Geld wurde knapp, Ludwig bezahlte das Schloss aus der eigenen Tasche, er verschuldete sich und musste Kredite aufnehmen. Ab 1884 konnte er endlich darin wohnen. Leider starb er zwei Jahre später, er war also nur 172 Tage lang im Schloss, das immer noch nicht fertig war, sondern eher einer Baustelle glich. Fertig sah er es nie. Statt der 3,2 Millionen Mark wie zu Beginn geplant kostete es bis zu seinem Tod fast 6,2 Millionen Mark. Das liebe Geld spielt leider eine große Rolle in dieser tragischen Geschichte: Weil der König so viele Schulden hatte, wurde er entmündigt und für Regierungsunfähig erklärt. Er musste das Schloss verlassen. Einen Tag später ertrank er im Starnberger See. Der König selbst wollte nicht, dass das Schloss für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Sechs Wochen nach dem Tod war es aber so. Die Menschen, die ins Schloss wollten, bezahlten Eintritt. So konnten die Schulden des verstorbenen Königs langsam beglichen werden. Nachdem 1918 die Republik ausgerufen wurde und es also keine Könige mehr in Bayern gab, gehörte das Schloss dem Staat. Und so ist es auch heute noch. Die beiden Weltkriege überstand es zum Glück ohne Schaden. Heute ist das Schloss ein Touristenmagnet, pro Jahr kommen ungefähr 1,5 Millionen Menschen hierher. Wenn ich Besuch von Verwandten aus den USA haben, wollen sie auch alle dieses berühmte Schloss sehen. Es ist nicht idyllisch oder romantisch, sondern es sind überall lange Warteschlangen und unglaublich viele Menschen dort. Zumindest im Sommer. Ich erinnere mich an meinen letzten Besuch. Erst wanderten wir die Straße nach oben und wurden dabei von Kutschen überholt, die von Pferden gezogen wurden. Oben gab es dann drei verschiedene Warteschlangen, für japanische, englischsprachige und deutschsprachige Touristen. Drinnen ist es für meinen Geschmack absolut kitschig - viel Gold und einfach zu viel von allem. Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg237kurz.pdf
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Garten und Balkon in Deutschland – SG #236
2021/05/11
Langsam kommt der Frühling. Ich sage langsam, weil es dieses Jahr wirklich lange dauert. Immer wieder war es in der Nacht sehr kalt. Die Bäume haben immer noch keine Blätter. Es gab zwar schon Tage, an denen ich im T-Shirt auf der Terrasse sitzen konnte, aber dann musste ich auch wieder meine Winterjacke rausholen, weil es nachts -6 Grad hatte und es tagsüber schneite. Aber so ist eben das typische April-Wetter. Es gibt einen Spruch dazu, der lautet: April, April, der weiß nicht was er will. Sobald es etwas wärmer wird, arbeiten die Menschen in Deutschland im Garten oder auf ihrem Balkon, um alles wieder schön zu machen. Die ersten Blumen, die sich im Frühjahr zeigen, sind Krokusse und Schneeglöckchen. Nach dem langen Winter freut man sich sehr, ein paar Farbtupfer zu sehen! Denn der Winter ist in Deutschland sehr farblos. Die Bäume verlieren alle ihr Laub, das Gras wird braun oder gelb, die Büsche sind ebenfalls ohne Blätter. Bei uns im Garten gibt es violette und weiße Krokusse, gelbe Narzissen und bald kommen auch die Tulpen hervor. Das sind alles typische Frühlingspflanzen. Weil dieses Jahr so lange Winter ist, gibt es im Supermarkt schon länger Tulpen zu kaufen - so kann man sich den Frühling wenigstens ins Wohnzimmer holen. Wie geht es weiter im typisch deutschen Garten? Normalerweise gibt es eine Rasenfläche, die regelmäßig gemäht werden muss. Viele Familien haben auch Mähroboter, die diese Arbeit erledigen. Ich mache das lieber noch per Hand. Das Gras lasse ich im Garten länger stehen, ich mähe erst ab Juni, damit die Insekten noch Blüten finden. Als Umrandung haben viele deutsche Gärten einen Zaun und eine Hecke. Die Hecke ist oft so dicht und so hoch, dass man nicht in das Grundstück blicken kann. Wer etwas für die Tiere tun möchte, hat eine Vogeltränke im Garten, also ein kleines Becken, aus dem die Vögel trinken können oder in dem sie auch baden können, wenn es heiß ist. Forsythie Auf älteren Grundstücken stehen oft noch hohe Bäume, manchmal Birken, oft Kiefern oder Buchen. Da die Grundstücke immer kleiner werden, ist mittlerweile dafür kaum noch Platz. Wir haben im Garten drei kleine Fliederbüsche, die in unterschiedlichen Farben blühen. Einen Baum haben wir nicht. Magnolien sind auch sehr beliebt in Deutschland, entweder als Strauch oder als Baum. Sie blühen ebenfalls im Frühling. Jetzt kommen wir zu zwei Trends, die ich hier in meiner Umgebung beobachte. Trend Nummer eins: Viele Menschen haben keine Lust auf Gartenarbeit und legen sich daher einen sogenannten Schottergarten an. Das sieht im besten Fall japanisch und edel aus - meistens sieht es aber nur schrecklich tot aus. Insekten finden hier kaum Lebensraum. Daher haben manche Gemeinden und Städte diese Art von Gärten verboten. Es soll grün sein im Garten und nicht steinig. Der zweite Trend geht in Richtung Ernährung: Viele Menschen bauen ihr eigenes Obst und ihr eigenes Gemüse an. Oft werden dazu sogenannte Hochbeete angelegt. Das sind große Holzkisten, in denen dann oben der Salat wächst. Das ist praktisch, weil man sich zum "garteln", wie wir hier in Bayern sagen, also zur Arbeit im Garten, nicht bücken muss. Und Schädlinge wie Schnecken haben es auch schwerer. Angebaut werden gerne Tomaten, Paprika, Gurken, Salat, Karotten, Zucchini und Radieschen. Apfelbaum Ich habe ein anderes Hobby: Ich habe letztes Jahr mit meinem Sohn angefangen, Bonsai zu gestalten. Wir haben heimische Bäume im Miniformat. Also zum Beispiel einen kleinen, blühenden Apfelbaum - ein Foto stelle ich Dir auf slowgerman.com. Wir haben Ahorn, Buche, Eiche und viele andere Mini-Bäumchen. Es ist ein tolles Hobby. Die Bäume haben im Winter geschlafen, und jetzt fangen sie langsam wieder an zu leben. Das ist faszinierend und es macht uns noch ungeduldiger, dass endlich der Frühling kommen soll. Wer übrigens keinen eigenen Garten hat,
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Siegfried und Roy, Magier in Las Vegas – SG #235
2021/04/28
Im Januar ist Siegfried Fischbacher gestorben. Letztes Jahr starb Roy Horn an Covid-19. Berühmt wurden sie nicht einzeln, sondern zusammen: Als das großartige Zauberer-Duo Siegfried und Roy. Ich möchte Dir heute ihre Geschichte erzählen. Siegfried Fischbacher wurde hier in Bayern geboren, und zwar im Jahr 1939, also zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Sein Vater geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Als er zurückkehrte, war er Alkoholiker. Als Siegfried acht Jahre alt war, begann er mit kleinen magischen Kunststücken und versuchte so, die Aufmerksamkeit seines Vaters zu bekommen. Er wurde zum Weber und zog mit 17 Jahren nach Italien an den Gardasee. Dort arbetiete er als Kellner. Mit 20 Jahren heuerte er auf einem Passagierschiff namens „Bremen“ an. Roy Horn hieß eigentlich Uwe Ludwig Horn. Er wurde 1944 in Niedersachsen geboren, war also 5 Jahre jünger als Siegfried. Mit 13 Jahren brach er die Schule ab und begann auf dem gleichen Schiff zu arbeiten - auf der „Bremen“. Dort lernten sich die beiden jungen Männer kennen. Eigentlich sollten sie beide auf dem Schiff als Kellner arbeiten, aber sie liebten Zaubertricks. Also unterhielten sie damit die Passagiere. Der Kapitän des Schiffes bekam das mit und ordnete an, dass die beiden Jungs gemeinsam als Zauberkünstler auftreten sollten. Roy hatte sein „Haustier“ Chico an Bord geschmuggelt, einen Gepard. Der durfte nach einiger Zeit auch mit auftreten. Der Anfang ihrer Karriere. Vier Jahre später gingen Siegfried und Roy von Bord und traten in deutschen Theatern auf. Danach ging es auf Tournee durch Europa. In Monte Carlo traten sie vor Fürstin Gracia Patricia auf - besser bekannt als Grace Kelly. Das war ihr internationaler Durchbruch. Von da an ging es steil bergauf, sie traten am Lido in Paris auf und in Las Vegas. Dort blieben sie, weil sie ein Engagement bekamen. Nach einigen Jahren waren sie die bestbezahlten Künstler in der Geschichte von Las Vegas. Sie bekamen als Magier mehrere Auszeichnungen, gingen für zehn Monate nach Japan, um dort aufzutreten. In ihren sieben Jahren im New Frontier in Las Vegas traten sie über 3500 Mal auf, vor insgesamt mehr als drei Millionen Zuschauern. Später im Mirage feierten sie die größte und teuerste jemals inszenierte Bühnenshow. Sie waren die Könige von Las Vegas. Ihre Show war von Anfang an familienfreundlich, es gab keine nackten Frauen zu sehen, und das war in Las Vegas ungewöhnlich. 1988 wurden sie amerikanische Staatsbürger. Knapp zehn Jahre später bekamen sie einen Stern auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood. 1996 feierten sie ihren 15.000. Auftritt in Las Vegas. Insgesamt haben 25 Millionen Menschen ihre Auftritte in Las Vegas gesehen. 2009 sah man sie zum letzten Mal gemeinsam auf der Bühne. 2003 hatte ein weißer Tiger Roy bei einer Show an seinem 59. Geburtstag verletzt. Der Zauberer wurde schwer verletzt und war danach teilweise gelähmt. Ein trauriges Ende der Karriere. Aber genau durch diese Tiere sind Siegfried und Roy berühmt geworden. Sie machten nicht nur Zaubertricks und riesige Illusionen, sondern sie arbeiteten mit Tieren, die durch ihre Seltenheit magisch wirkten. Sie züchteten weiße Königstiger. Hinter den Kulissen waren Tiertrainer beschäftigt, um den Raubkatzen etwas beizubringen. Weiße Tiger, Löwen und Leoparden lebten mit den beiden Deutschen in Las Vegas. Die beiden Männer waren übrigens viele Jahrzehnte ein Paar, was aber erst in ihrer Autobiografie 2007 öffentlich gemacht wurde. Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg235kurz.pdf
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Der Rattenfänger von Hameln – SG #234
2021/04/08
Ich habe überlegt, welche die wohl bekanntesten Geschichten und Sagen aus Deutschland sind. Über die Loreley habe ich dir schon etwas erzählt - aber vom Rattenfänger von Hameln noch nicht! Also: Wir schreiben das Jahr 1284 und wir sind in einem kleinen Dorf, das in Niedersachsen liegt, ungefähr 50 Kilometer von Hannover entfernt. Es heißt Hameln. Die Geschichte geht so: Eines Tages kam ein Mann in dieses Dorf. Er war sehr bunt gekleidet und trug eine Flöte bei sich. Sein Beruf: Rattenfänger. Sein Name ist nicht bekannt, genannt wurde er aber „Bunting“, wegen seiner Kleidung. In Hameln freute man sich über seine Ankunft, denn das Dorf war von Ratten und Mäusen geplagt. Sie sprangen am helllichten Tag auf Stühlen und Tischen herum, versteckten sich in Ecken und Gassen und waren einfach überall. Also versprach man ihm viel Geld, wenn er das Problem lösen könnte. Der Rattenfänger zückte also seine Flöte und begann zu spielen. Sein Flötenspiel war so bezaubernd, dass die Ratten und Mäuse erstaunt aufhorchten. Sie folgten ihm. Der Rattenfänger spielte weiter und ging langsam aus dem Dorf hinaus und hinunter zur Weser. Das ist ein Fluss, der durch Hameln fließt. Er ging also hinein ins Wasser, und die Tiere folgten ihm. Weil sie nicht schwimmen konnten, ertranken sie im Fluss. Und Hameln war diese Plage endlich los! Anstatt dem Mann aber dankbar zu sein und ihm sein Geld zu geben, verweigerten sie ihm den Lohn. Wütend ging der Mann davon. Aber er kam wieder. Diesmal an einem sehr frühen Sommermorgen. Er sah verändert aus, wie ein Jäger. Er fing wieder an, eine schöne Melodie zu pfeifen. Dieses Mal aber lockte er nicht Ratten und Mäuse aus den Häusern, sondern die Kinder des Dorfes. Sie folgten ihm, und er führte sie weg. Ein Kindermädchen sah es und erzählte den anderen Eltern davon. Doch so sehr sie auch suchten: Der Mann und die Kinder wurden nie wieder gesehen. Nur zwei Kinder kamen zurück, aber da das eine nicht reden konnte und das andere blind war, konnten sie nicht erklären, was aus den anderen Kindern geworden war. Das war also die Rache des Mannes: Er nahm den Menschen von Hameln ihre Zukunft. Diese düstere Geschichte kennen viele Menschen auf der ganzen Welt. Die Gebrüder Grimm haben sie bekannt gemacht. Sie schrieben die Geschichte 1816 in ihrem Buch der Deutschen Sagen auf. Goethe hielt sie 1802 in einem Gedicht fest. Und auch Bertolt Brecht dichtete etwas dazu. Die Internetseite der Stadt Hameln hat übrigens all diese Originaltexte und Übersetzungen in verschiedene Sprachen parat. Ist es wirklich nur eine Geschichte, oder gibt es eine historische Wahrheit dahinter? Das ist schwer zu sagen. Vermutet wird, dass hier zwei Geschichten verknüpft wurden. Wahrscheinlich ist der Teil mit den Ratten eine erfundene Geschichte. Denn Ratten und Mäuse scheinen nicht auf Flötentöne zu reagieren. Aber den Auszug der Kinder könnte es gegeben haben. In dieser Zeit versuchte man, Menschen aus Deutschland im Osten anzusiedeln. Vielleicht waren die Kinder also nach Siebenbürgen, Mähren oder Pommern ausgewandert. Vielleicht gingen sie nicht ganz so weit - denn in Brandenburg gibt es viele Gemeinden, die einen ähnlichen Namen haben wie Hameln. Möglicherweise wanderten also junge Menschen aus Hameln nach Osten aus und ließen sich dann in Brandenburg nieder. Zur Erinnerung benannten sie die Orte dann nach ihrer alten Heimat. Eventuell machte der Rattenfänger einfach Werbung für den Umzug. Klingt nachvollziehbar, finde ich. Noch heute lebt die Sage in der kleinen Stadt Hameln weiter - sie nennt sich auch offiziell die „Rattenfängerstadt Hameln“. Die Figur des Rattenfängers ist auf der Internetseite zu sehen und in Kunstwerken. Männer führen Touristen als Rattenfänger durch die Stadt. 57.000 Einwohner hat sie übrigens heute. Ein Haus heißt auch „Rattenfängerhaus“. Es steht an der Bungelosenstraße.
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